Nachrichten

Immer mehr Operationen wegen Übergewichts | Praxis

Saarbrücker Zeitung vom 28.7.2016

Der Artikel „Immer mehr Operationen wegen Übergewichts“ in der Saarbrücker Zeitung am Donnerstag, den 28. Juli greift ein schwerwiegendes Thema auf, das insgesamt sehr vernachlässigt wird. Die durch den Anstieg der Fettleibigkeit (Adipositas) entstehenden Krankheitskosten werden in den nächsten Jahren zunehmend unser Gesundheitssystem und in der Folge auch die Sozialkassen stark belasten. Die prognostizierten Zahlen sind wahrlich erschreckend.

Was die Empfehlungen des Barmer-GEK-Chefs Christoph Straub angeht, habe ich einige Anmerkungen. Es ist richtig, dass die konservativen Methoden in der Adipositastherapie vor der operativen Therapie ausgeschöpft sein sollten. Dann müssen diese aber auch von den Krankenkassen erstattet werden. Die Empfehlungen „Man kann auf dem Sofa nicht abnehmen.“ und „Nur Bewegung verbrennt.“ klingen in den Ohren der Betroffenen wie Hohn. Jeder, der sich mit Übergewicht beschäftigt weiß, dass man mit Bewegung allein nicht abnehmen kann, denn Bewegung macht Hunger. Und wer Hunger hat muss essen. Viele essen dann mehr, als sie verbrannt haben. Also funktioniert Abnehmen nur mit einer Umstellung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten.  

Außerdem essen wir nicht nur, um satt zu werden.  Vielmehr dient essen auch der Befriedigung unserer Grundbedürfnisse nach Wohlbefinden. Tief verankerte Gewohnheiten verändert man nicht so leicht. Hier wird man nur mit einer Strategie erfolgreich sein, die alle Aspekte der Adipositasentstehung erfassen. Unser Gesundheitssystem ist darauf nicht ausgerichtet, was einem durch die einfältigen Empfehlungen des Krankenkassenvertreters deutlich vor Augen geführt wird.

Wenn man in der Behandlung von Übergewicht und Adipositas erfolgreich sein will, muss man ganz individuell eine Therapie durch ein Team aus Spezialisten anbieten, wie man es in der Schwerpunktpraxis ernährungsmedizin findet. Solch ein Team, im Idealfall bestehend aus Ernährungsmediziner, Ernährungstherapeut, Psychologe und Bewegungstherapeut, übernimmt die langfristig ausgerichtete Behandlung, wie es bei anderen chronischen Erkrankungen wie z.B. Diabetes, Herzinsuffizienz oder chronisch obstruktiver Bronchitis selbstverständlich ist. Der Motivation und Eigenverantwortung des Patienten kommt dabei ein sehr hoher Stellenwert zu.

Leider möchte niemand dafür bezahlen, weswegen die medizinische Versorgung der Adipositas in Deutschland noch nicht einmal ausreichend ist. Aber die Quittung wird erst am Ende ausgestellt und die wird für uns alle teuer.